..., so werden wir sein wie die Träumenden. Dann wird unser Mund voll Lachen sein. Psalm 126, 1
Herr E. lacht nicht viel. Er hat selten Anlass. Von Witzen hält er nichts, und die Unterhaltungsangebote im Fernsehen erscheinen ihm dürftig. Außerdem ist Herr E. ein kritischer Bürger, der die Lage der Welt im allgemeinen und besonderen skeptisch sieht. Dioxin im Essen, Bürgerkriege, Artensterben – was gibt es da zu lachen?
Als Herr E. zwei Drittel seines täglichen Nachmittagsspaziergangs hinter sich gebracht hat, bleibt sein Blick an einem Faltblatt hängen, das jemand hinter die Scheibenwischer eines grünen Opels geklemmt hat. „Jesus macht frei“, steht da. Herr E. schnaubt. Für spirituelle Schwärmereien hat er noch weniger übrig. Was soll das denn heißen? Herr E. sieht vor seinem geistigen Auge den HErrn selbst von einem seiner zahlreichen Altäre herabsteigen, das Kreuz in die Ecke stellen und seinen Liegestuhl aufklappen. Jetzt muss Herr E. doch schmunzeln. Ob er wohl All-Inklusive oder ein gewöhnliches Hotel wählen würde? Und wie stünde es mit Wellness? Sicher würde es dem HErrn gefallen, denn damit hat er ja Erfahrung. Ich meine, denkt Herr E., schließlich ging es bei seinen zahlreichen Wundern doch auch ums Handauflegen. Und mischte er nicht einmal sogar einen Brei aus Erde (Heilerde!) und Speichel? Jesus, der Wellnessanbieter, das findet Herr E. komisch!
Mittlerweile hat er es sich entgegen seiner Gewohnheit auf einer Parkbank bequem gemacht. Wahrscheinlich, spinnt er seinen Faden weiter, bräuchte Jesus dringend selbst Wellness – bei dem ganzen Stress... Aber vielleicht ist ja der Himmel genau das. Er stellt sich einen Schwarm Engel mit Bademänteln und Saunatüchern im Arm vor. Die Ewigkeit ein Saunahimmel, und die Hölle wäre es, wenn die Tür nicht mehr aufgeht!
Herr E. gluckst. Was für ein vergnüglicher Nachmittag, denkt er, lange nicht mehr einen so vergnüglichen Nachmittag gehabt...
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