„Wie fühlt man Gott?“, fragt Luise.
Herr Wohllieb ist manchmal etwas überfordert von Luises Fragen. Möglicherweise liegt es daran, dass es in seinem Leben bisher niemanden gab, der ihm Fragen stellte. Und seine eigenen Fragen wiederum sind selten dazu geeignet, ihn selbst zu überraschen. Luises Fragen überraschen ihn und vor allem überraschen ihn seine Antworten. Er hat keine Ahnung, woher sie plötzlich kommen.
„Am besten“, sagt er, „man setzt sich in einen Sessel und wartet. Dass man was fühlt.“
„Kann man dabei stricken?“
Herr Wohllieb kennt sich mit Stricken nicht aus, aber seiner Erfahrung nach ist es in siebzehn von achtzehn Fällen schwierig, zwei Sachen gleichzeitig zu tun.
Luise denkt einen Moment darüber nach, wie es wäre, ohne Strickzeug in einem Sessel zu sitzen. „Und wenn man nun nichts fühlt, dass sich wie Gott anfühlt? Nur den Luftstrom eines schlecht schließenden Fensters oder das zwickende Knie oder ein Unbehagen, das, wenn man ihm nachgeht, mit einem unangenehmen Gespräch, das man am Vormittag geführt hat, zu tun hat?“
„Das könnte“, sagt Herr Wohllieb schüchtern, „doch schon ein Anfang sein.“
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Lilie (Freitag, 11 August 2017 11:32)
Wie schön! So achtsam fängt das Leben an. Und das Leben das immer schon da ist. Das Sein. Also Gott, das Sein, das immer schon da ist. Und das zwickt... Ein Anfang fürs göttliche Spürparadies Leben!
Danke!