Es gibt jetzt eine Bibel für Frauen. Und eine für Männer. Weiß der Himmel, warum. An der Auswahl der Geschichten kann es nicht liegen. Wenn die Frauenbibel nur Frauengeschichten enthielte, wäre sie eine dünne Broschüre. Also muss es etwas anderes sein. Der Verlag schreibt, die Männerbibel greife Männerthemen auf: „Entscheidungen treffen, Arbeitsalltag, erfolgreiches Scheitern, Zeit, Sex, Geld, Alkohol, Sport“. Das Leben der Frau ist da überschaubarer. Ihre Themen sind zuerst „mit Sorgen zurecht kommen. Mutter, Tochter oder Single sein.“
Ich fasse zusammen: Der Mann ist erfolgreich (selbst, wenn er scheitert). Die Frau kommt zurecht. Der Mann definiert sich durch sein Tun (Arbeit, Sex, Sport). Die Frau durch ihr Sein (Mutter, Tochter, Single). Und damit auch dem letzten Dummchen klar wird, auf welche Seite es gehört, kommt die Männerbibel in stählerner Metalloptik daher und die Frauenbibel im rosaroten Blümchengewand.
Vielleicht denken Sie: Mir doch egal. Ich habe meine Bibel, und die hat Goldschnitt. Das ist geschlechtsneutral.
Ich glaube aber, es ist nicht egal.
Ich bin in den 70ern groß geworden. Da war auch nicht alles Gold. Aber erst recht nicht rosa. Meine Liebe zu Ringelpullovern führe ich auf ein grün-weißes Exemplar aus der Kindergartenzeit zurück. Pippi Langstrumpf war die damalige Prinzessin Lillifee und sie brauchte kein Krönchen. Hello Kitty wäre von Tom & Jerry zum Teufel gejagt worden. Ich wollte eine Weile Lastwagenfahrerin werden, weil ich es mir aufregend vorstellte, ein so großes Auto zu steuern.
Heute stecken weibliche Babys in rosa Stramplern, die später von rosa Schleifchen abgelöst werden. Lego gendert in rosarote Schlösser für Mädchen und Ninjakämpfer in blauen Kartons für Jungs. Unschuldige Zeiten, als alle zusammen Indianer oder Feuerwehr spielten. Den ersten Preis für sexistische Werbung hat eine Buchreihe zum Lesenlernen gewonnen. Jungs bekommen Piraten-, Polizisten- und Weltraumgeschichten. Bei den Mädchen strahlt eine Prinzessin mit ihrem Pferd um die Wette. Natürlich in rosa.
Und jetzt also die Bibel. „Ihr alle habt Christus als Gewand umgelegt. Es gibt nicht mehr Mann noch Frau.“ Das schrieb Paulus, der sicher kein Feminist war.
Aber es spielt einfach keine Rolle, welche Lieblingsfarbe Maria hatte. Dass Frauen sich ebenfalls für Sex interessieren, wird spätestens im Hohelied klar. Es gibt Frauen, die sind Richterin, Herrscherin oder Schurkin. David spielt Harfe und gibt gleichzeitig den Krieger. Während Judith erst brav in ihren Büchern liest, bevor sie ihr Volk befreit und Holofernes den Kopf abhaut. Ob sie das in einem rosa oder blauen Leibchen tat, ist nicht überliefert.
Ich persönlich trage rosa übrigens sehr gern. Bis in die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts galt sie als typische Jungenfarbe. „Rosa“, schrieb damals eine amerikanische Zeitschrift, sei nun mal „die kräftigere und für Jungen geeignete Farbe.“ Noch so ein Klischee...
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