Heute Morgen höre ich eine Andacht anlässlich des „Frauenkampftages“, so nennt die Pastorin ihn und beginnt im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes.
Nö. Nö, ich möchte keinen Gott mehr in einseitig patriarchaler Sprache feiern. Auch nicht aus Traditionsgründen. Es gab auch mal die Tradition, Hexen zu verbrennen, Kinder zu schlagen und Hunde in Deiche einzubuddeln, um den Geist der Sturmflut zu besänftigen. Man muss nicht jede Tradition von Ewigkeit zu Ewigkeit schleppen.
Frauen sind ja nicht diese seltene Spezies, sondern mehr als die Hälfte der Menschheit. Angeblich hat Gott diese Menschheit nach dem eigenen Ebenbild geschaffen. Also wohnen in Gott alle Facetten des Menschseins. Warum beschränken die meisten Kirchenmenschen Gott auch im Jahr 2024 auf eine einzige, nämlich den Vater?
Nö, ich möchte Weiblichkeit auch nicht mitgemeint denken. Wer einen so kleinen Wortschatz hat, wer keine weiteren Bilder von Gott findet, ist kein Traditionalist, keine Traditionalistin, sondern phantasielos oder denkfaul. Was für ein armes Bild, wenn Gott eine so übergroße Männlichkeit bräuchte, um zu existieren. Sprache schafft Wirklichkeit: Wenn Gott eine Weltgeschichte lang männlich gepredigt wird, werden Männer vergöttert. So geschehen in den Zeiten des Patriachats. Männer lernen von Kindesbeinen, breitbeinig zu stehen. Frauen müssen das üben.
Ich stehe hier nicht im Namen eines Vaters, Sohnes und wenn es gut läuft einer weiblich angehauchten Geistkraft. Ich stehe hier im Namen einer Kraft, die uns Denken, Fühlen, Entscheiden lässt.
Nö, ich will den Vater, Herrn, Herrscher, König, den Allmächtigen nicht verbieten. Wer Gott weiterhin einseitig männlich feiern will, möge das tun. Ich gehe einfach auf eine andere Party. Adios.
Wohnzimmerkirche "Non. Nein. Nö" vom 8. März
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Barbara (Mittwoch, 20 März 2024 09:20)
Herzlichen Dank! Ja, wir sind wirklich die Hälfte der Menschheit. :-)
claudiA (Donnerstag, 04 April 2024 16:16)
Wie gut ist das denn!!!!
Amen.
Brigitta (Samstag, 20 April 2024 13:47)
Einmal tief ausgeatmet. Ein dickes Danke entweicht dabei. Es kommt aus meiner Seele ganz unten.
Nicole (Sonntag, 21 April 2024 21:40)
Das spricht mir aus der Seele, die Vergötterung der Männlichkeit und den Frauen anzuerziehen, sich selbst unwichtig zu nehmen und in den Schatten des Mannes zu stellen, ist sowas von überholt und war es immer. Feiern wir den göttlichen Funken in uns, die Idee Gottes, das wir Tochter, Schwester, Frau und Mutter sein zu dürfen, wenn wir wollen. Danke du Schöpferwesen, das so viele Wege kennt, Leben werden zu lassen.
Eva-Maria Ullmann (Donnerstag, 20 Juni 2024 17:15)
Befreiende Worte. Klar und entschieden und dennoch liebevoll formuliert. So geht das!
Danke, liebe Susanne Niemeyer - was wären unsere beiden Kirchen in ökumenischer Verschiedenbundenheit ohne Sie!
Ursula (Sonntag, 01 September 2024 18:27)
Danke für diesen großartigen Denkanstoß. Auch ich habe meine Sichtweise beim Kreuzzeichen verändert. Ich sage mir jetzt innerlich bei jedem Kreuz, das ich mache: "Ich liebe die Vielfalt Gottes, die Natur und die Menschen. Amen."
Peggy Boche (Samstag, 26 Oktober 2024 23:12)
Danke aus tiefem Herzen und Verbundenheit für diesen Text. Wie oft habe ich in Gedanken das Vaterunser umgedichtet und so nicht mehr beten wollen. Befreiende Worte! Es ist an der Zeit tradierte Kirchensprache aufzubrechen. Danke, Susanne Niemeyer!